Montagsspiele

Einer hat eine Meinung
alles regt sich bald auf
die Funktionäre(innen)
haben Angst, die totale
Vermarktung steht auf
dem Spiel, mehr mehr
mehr mehr mehr mehr
mehr mehr mehr mehr
wie kommen sonst die
Nutten und Stricher in
unser Hotel, wenn man
zu neuen ›arabischen‹
Nächten einlädt; das
hat man sich doch alles
verdient: Der Markt
gibt es her, die Fans
jubeln und Opfer gibt
es immer, die wollen
doch nur bisschen
Fame abgreifen und
Kaviar vom Buffet
für Insta, das ist klar
wir sind die Rich
People, eure Kings
wir bestimmen nicht
mehr, sondern unser
Motto: Wer Diktate
schreiben kann, ist
unser Mann. Wir
brauchen Puppen
die funktionieren
keine Idioten, die
sich dazu berufen
fühlen, zu denken
sprechen, handeln
es gibt klare Regeln
Verwarnung
Strafe
Ausschluss
Tod
alles muss, nix kann
es gibt Interessen
die Sache zählt
wir arbeiten für
wen eigentlich

Samstag 15:30
alle Spiele, alle Tore
Tarifvertrag
kein Flutlicht
nachhaltig sein
nicht radikal
das wäre was

im Kölner Keller
stirbt ein Widerspruch
den einsamen Tod
ohne
Videobeweis.

Frauen schlägt man nicht

Schulkinder gehen nach
Hause, es ist Mittag und
Hitze steht in der Stadt
Feuchtigkeit macht sich
zum drückenden Organ
des alternden Sommers
Einer singt She’s a Lady
und die Straße liebt ihn
unklar bleibt, wem das
Kompliment eigentlich
tatsächlich gilt, gelten
soll oder sollte –
einer der Jungs sagt
Frauen schlägt man nicht.
Es klingt, als zitiere er
eine Erzieherin oder
einen Erzieher. Es klingt
nicht danacht, dass er
die Aussage wirklich
schon verstehen und
ernst nehmen würde
aber er ist noch ein Kind
und die Gewalt ist überall

wir sind keinen Schritt weiter
es war alles anders geplant
vielleicht aber auch nicht
Arschlöcher wachsen halt
einfach so nach, keine
Chance auf Erneuerung
und ich streiche den
Gedanken endgültig
aus meinem Kopf, dass
die Formulierung eigentlich
längst anders lauten müsste
Menschen schlägt man nicht
Sprache, Spott und Hass
sind wie Schläge mit der
verbalen Faust

Lachen auf der Straße
Schreie aus einer Wohnung
Liebe aus der Datingapp.

Wovor haben Sie Angst?

In einem fernen Land
da verbieten sie Uhren
in Regenbogenfarben
weil sie ganz genau
was fürchten?

Der Kontrollverlust
ist eine Gefahr für
Diktaturen.

Tiktak. Das
Krokodil
schwimmt
um das Schiff
der Kapitän?

Scheißt sich
in die Hose
alter weißer
Mann.

Nicht mal
weiß
der Mann
ein Arsch
so einfach.

Das Krokodil
singt ein Lied
von StereoTotal
Karaoke
mit griechischem
Akzent.

Herodes
kriegt sich
nicht mehr ein.

Aphrodite
spritzt Botox
in den Bauch
der Revolution.

Niemand
feiert den
Untergang
schöner als
der Himmel
zeigt einen
Regenbogen

reich
Autokrat:innen
den Mittefinger
zur Versöhnung
Liebe muss nicht
Sünde sein, ist
Liebe nicht
die bessere
Diktatur?

Regenbogenfahnenkonflikt

Überall hängen sie
Fahnen wie 2006
damals war es
schwarzrotgold
heute sind sie
rotorangegelbgrünblaulila
gebrainwashed
wurde das Volk
scheinbar, denn
kommt da einer
der tatsächlich
links ist, biegen
sie alle schnell
rechts ab und
wissen von
nichts

die Fahne im Wind
sie stillt dir die Gier
nach Ablass, im
Himmelreich leben
nur Terrorist:innen
alle säkularisierte
Radikalgeburten
wenn ein Mensch
das Versprechen
mit Leben füllt
erschreckt dich
die laue Luft
weil sie reicht
weil sie dir
deine Maske killt

Faschisten
kommen
selten
plötzlich
aus dem Nichts

heuchlerische Wurstfabrik
alles für den Darmverschluss

wo ist die demokratische
Bundesrepublik, heute?

Wie viel Vergangenheit kann man ertragen

In meinem digitalen
Speicher sammelt
sich das Gestern als
gefühlte Ewigkeit
jede einzelne Datei
ein Schnipsel in der
Erzählung meiner
Existenz, es fühlt
sich an wie der
Gang durch den
Bauch eines Wals
der sich von Plastik
und nicht mehr von
Krill ernährt, der
mit der Umstellung
klarkommt und nicht
mit der Veränderung
hadert, das Ich der
Vergangenheit
lacht mich an
ich lache mich aus
nicht unzufrieden
das Fotoalbum war
früher genauso
peinlich schön
anzusehen und
wenn eine Lücke
aufkam, irgendwas
fehlte, dann lebte
die Fantasie auf
ganze Geschichten
explodierten im Kopf

wenn ich
eine Datei lösche
lebt es sich leichter
wenn ich alle lösche
dann habe ich gar
nicht gelebt.

Warten auf den Erzähler

In einem Theater
sitzen 25 Personen
sie sind aufgeregt
heute soll der große
Toni ihnen „ein Stück
Italien“ zeigen, das
Programm ist sehr
sehr beliebt, draußen
wird viel darüber
geredet. Man erzählt
sich, dass dort endlich
mal jemand so rede
wie man es müsse
und endlich spreche
mal jemand darüber
über all die Probleme
die schönen Seiten
über die man nicht
spricht, sprechen
kann. Endlich traut
sich mal wieder ein
charismatischer
Mann an die Front
und Einer spricht
für Alle und alle
applaudieren für
Einen. Heute
kommt Toni
gar nicht auf
die Bühne. Nach
drei Stunden geht
man unverrichtet
nach Hause und
alle wittern längst
die Verschwörung
ein Attentat gegen
den Helden, der
ihnen die Wahrheit
erzählen sollte, der
aber nie kam. Bis
heute –

Und dann ist da immer noch die Musik

Schweigend sitzen
wir uns gegenüber
in Gedanken sind
wir zusammen
woanders
bei 136 bpm
liegt man sich
gewissenstreu
in den Armen
und
feiert
die Band
der jungen Jahre
das Heute
macht Ikonen
aus uns, wir
sind…
ein Schauer
durchtränkt
alles, sofort
du zündest das
Glück und ich
atme es ein
unser Lachen
formt uns
in uns’ren Kleidern
verschmilzen wir
zu einem Monolith
für einen Takt sind wir
asynchron zum Limit
der Zeit und synchron
in dem, was jenseits
von allem noch da
ist. Wir gehen
von der Bühne
und lieben das
was wir tun
und uns, das
ist wichtig.

Am Urlaubsende (und danach)

Die Zeit geht zu schnell
vorbei, hier habe ich
damals das Fahrrad
fahren gelernt. Es war
sehr windig und die
Stützräder haben mich
nicht mehr vor dem
Umfallen geschützt
die Balance hat mir
der Deich vermittelt
als Möwen das sahen
erinnerten sie sich
an den ersten Flug
es kamen viele dazu
der Alltag macht das
alles beliebig, aber
es ist Großes erreicht
Erfolg zu akzeptieren
ist keine Eitelkeit, nur
Einbildung ist’s schon
der Hochmut hat mich
aus dem Dorf getrieben
heute komme ich zurück
alle erzählen Geschichten
meine passt nicht hierher
beliebig, und ich habe alles
gesehen, aber die Welt ist
zu groß für dieses Leben
der Menschen, die mich
in meiner Jugend noch
kannten, nun nicht mehr
der Getriebene hat das
Abenteuer gesucht und
den Tourismus gefunden
am Flughafen stehen wir
in selbstverordneten Schlangen die nicht enden und worüber regen wir uns eigentlich auf, wenn nicht über uns selbst und über unsere Abhängigkeit, wie schön kann Bali schon sein?

die Macht war nie mit mir
sie hat mich eher verführt
dann geleitet und heute
bin ich nirgendwo frei, nie
erkenne ich die Systeme
nicht, die Illusion, die man
uns verkauft als ein Rad
ohne Achse, gelenkt von
der unsichtbaren Suche
nach Glück, versprochen
war versprochen, ein
Verb sagt so viel über
die Vergangenheit aus
im Bälleparadies stirbt
heute ein amerikanischer
Traum vor schwedischem
Hotdog, die Vernichtung
der armen Säue geht zu
Ende, bald leben alle vegan
oder wir werden rechts von
der Ideologie überrollt, dann
zählt das Recht der Stärke
mehr noch als heute schon
die Radikalität bahnt sich
an, sie kommt nie plötzlich
Menschen bleiben sensibel
wenn wir schon nicht alles
durchschauen, bemerken
wir den Widerstand, gegen
den Wind fliegt es sich
besser als Möwen
vermutlich

jenseits der Zwischentöne
wittern sie die „Verschwörung“
das rufen längst solche, die
selbst die Augen verschließen
die Hoffnung haben, dass
zumindest der kleine Hort
der Freiheit, ihr Leben, noch
gut ist und bleibt, egal womit
die Menschen da draußen
struggeln, wenn ich Feierabend
habe, dann geht es uns gut
und der Liefermann bleibt
der Liefermann…

Wir wollen die Ohnmacht
nicht anerkennen oder noch
immer daran glauben, dass
Missbrauch ein exklusives
Problem der Katholiken ist
aber es geht um mehr als um
Sex bei fehlendem Konsens
die Perversion der Macht ist
nicht im Bordell zu Hause
sie wird von allen getragen
eine Frau wird gekündigt
nachdem sie schwanger
geworden ist und Chefs
haben Familien, Frauen
in Führungspositionen
haben sie nicht, keiner
setzt sich für etwas ein
alle fragen sich längst in der Küche wer wohl der Vater ist
jede Veränderung könnte
den Abstieg bedeuten
jede Kündigung schaltet
die Konkurrenz aus, es ist
wichtig, dass Menschen
im Team arbeiten, was
heißt, dass sie gefügig
für den Apparat sind, der
sich durch sie
ständig erneuert
denken an Ulbricht
denken an Eichmann
denken an …

Christliberale Neoaristokrat:innen
engagieren Ammen für kleines Geld
und für das Wohl der Familie
ist dort gesorgt, wo
Geld da ist, zumindest
glauben das Menschen
die entfremdet sind von
dem Gefühl der Umarmung
Wohlstandsverwahrlosung
ist ein Problem, das sich
in Führungspositionen zeigt
wenn Einsamkeit, fehlende
Liebe, die Unterdrückung
und Zwang zur leeren Ethik
des holen Europas verkommen

dort bin ich zu Hause, dort
komme ich her und hier fällt
mir noch immer nicht ein
warum sich seit den 1990er
Jahren der Fortschritt einfach
vergessen hat. Das Fahrrad
die Möwen und die Hoffnung
dass alles eine bessere Zukunft
werden wird, sie habe ich nicht
aufgegeben, aber es wird Zeit
Personal und Methoden zu
wechseln, nicht als rechte
Revolution, sondern als
humanistische Innovation
pragmatische Intervention
es steht nirgendwo, dass
ein Abstieg verboten ist
wenn der Wohlstand
gesichert ist.

Personensysteme gefallen
sich männlich, weiblich, egal
Hauptsache der Klüngel
funktioniert noch für
die eigenen Kinder
man kennt sich oder nicht
offiziell immer „nicht“
bei Herzstillstand ist
plötzlich niemand Arzt
aber alle sind ›Herr Doktor‹
ab wann gibt man der
Sache eine Lobby?

…die Demokratie braucht
ihre Menschen und die
brauchen Zeit, natürlich
auch Arbeit und Geld
aber dort, wo Lobbys
und Extreme regieren
wo Unternehmen und
Monopole diktieren, da
muss man kein Kommunist
sein, um das Spiel zu erkennen
und wenn der Staat endlich
seine Privilegienmaschinen
archiviert, dann ist echter
Verfassungspatriotismus
möglich. Demokratie
leben, heißt, sie zu gestalten
nach vorne und nicht zurück
christlich war gestern, der
Modus bis heute Copypaste;
wo ist die Strahlkraft der
Kulturnation – verloren
gegangen. Die Bauern
bestellen die Felder in
der Fabrik. Bald wird man
ihnen die Rentenkürzung
als Befreiung verkaufen
Diener und Funktionäre
ziehen sich zurück in
den Hintergrund und
müssen noch immer
nicht arbeiten, weil das
Erbe das für sie erledigt
wer arbeiten lässt, der
hat es geschafft
weiblich, männlich, divers
egal; Hauptsache: Jetset.


am Montag geht die Arbeit
wieder los, die Kinder gehen
wieder zur Schule und setzen
sich in die Klassenräume, dort
erzählt man etwas von Zukunft
und der Overheadprojektor
kommentiert surrend das
Aufstiegsversprechen als
Realität, als Phrase, Traum
der bleibt, was er ist: Eine
zynsische Parodie des
Lebens, das Menschen in
Armut verbringen, die sich
in der Sinnlosigkeit von drei
Jobs verlieren, die sich in der
Unterdrückung zurechtfinden
alles ertragen, alles; – alles
denen die Miete erhöht wird
Nahrungsmittel werden zum
Spekulationsobjekt, heute
morgen, wann kauft man
ein, wie kommt man durch
einer war in der Karibik
auch das ist möglich, wenn
man keine Kinder hat; am
Küchentisch sitzen zwei
Realtitäten von morgen
ihnen kommt alles wie
Latein vor, niemand
kann ihnen helfen und
sie sind trotzdem einfach
so glücklich in dem Leben
dass sich heute bietet, das
man akzeptiert, trotzdem
gestaltet und wenn man
am Freitag wieder zu
Hause ist, dann träumt
man davon, dass man
irgendwann im Urlaub
das Meer sehen wird
danach kann man den
Möwen in Köln davon
erzählen, wie schön es
ist, wenn man endlich
mal weggkommt. Die
Hoffnung ist nicht tot
sie ist Realität und sie
ist die Gefahr für die
die keine Antworten
finden, weil sie ihr Leben
mit Stützrädern fahren
Lobbyarbeit, das Bürgergeld
der Funktionärsgesellschaft
so mutig sind wir, die
Kinder der Reichen
Elite. Wir, sage ich
bewusst.

noch 3x schlafen

Ich habe einen roten Pass

Europäische Union
Bundesrepublik
Deutschland
Goldener Adler
Kein Wildschwein
Kein Löwe
Reisepass
Passport
Passeport
Dieser Pass enthält 32 nummerierte Seiten
Ich musste nichts dafür tun

Jenseits der Revolution wartet die Sprache

 23:22 Uhr

die letzte Seite widme
ich …

Schlüsselbund verloren
Oh, NEIN!
Katastrophe

die Menschen funktionieren
so gut, wenn man sich
einfach für einen Moment
aufeinander einlässt
einlassen kann

du bist auf der Arbeit, Ich

ist die Ich-Blase [es gibt kein Ich jenseits von allen]
meine Verantwortung, werde ich [es gibt kein Wir ohne Ich]
darauf programmiert (von wem?) [sie sind unsichtbar, Du]

Es ist ein ganz normaler
Donnerstag und wir
treffen uns nach der
Arbeit. Wir kochen etwas
und erzählen vom Tag, du
erzählst von den nervigen
Passagieren und ich
höre dir zu, weil ich das
so bewundere, dass
ich diese Worte nicht
finde, nie spreche ich
so wie du und doch
fühle ich mich gleich.

Ich muss lachen.

23:28 Uhr [1:23 Uhr]

 

Jenseits der Revolution wartet die Sprache

blauer Stift, weißes Papier

ab wann kann ich einfach
so, ein guter Mensch, sein
jenseits der Sprache und
auch mit ihr
mit dir ist die Arbeit
besser zu ertragen

bist du auf der Arbeit

wer bin ich
wenn ich schreibe
wo
welche Worte
bilden mir ein
dass ich etwas bedeute

blauer Stift, weißes Papier, ›Du‹Wer?

krass, Therapiesitzung [keine Psychoanalyse!] Wording beachten
fast vorbei und das Leben [realistische Schreibweise]
ist eine gute Geschichte [unverhoffte Wendung]
jenseits der Idiosynkrasie [lebt man zusammen]
wartet das nichts, das [alles ist da]
sich so schwer ertragen lässt [weniger]
wenn man das Leben [die Leidenschaft]
so liebt [einfach akzeptiert]

die Menschen, alle (fast)
du, ach, wer ist das ›Ich‹
sich zu behaupten

Wer hier noch folgen

kann der/die/beide
können sich was gönnen

Held stellt alles infrage

einsame Frau mit Kaufl.xtüte
kommt, stellt sich an Tische
redet, hat keine Zähne, etwas
Akzent und sie räumt
selber ein, sie sei „etwas
betrunken“, der Wirt kennt
das Viertel und die Einsamkeit
begleitet er wieder hinaus,

ehe sie in der Nacht verschwindet
dort kam sie her
dort geht sie hin
niemand hat sie gesehen
einer hat sie gehört
es wird nichts ändern

Held stellt alles infrage