In Wahrheit gestürzt (zu oft)
Es fällt mir schwer
den Beitrag von gestern
heute zu lesen
…
ich denke an eine Vorlesung
von Wolf Biermann, der sich
mit Stasi-Funktionären traf
und ihnen erzählte, wie schön
es sei, mal etwas Privates zur
Kunst zu machen. Einfach so
der Kulturpolitik zum Trotz;
dann sehe ich Schlittschuhe
–
das Laufen ist eine schöne
Bewegung. Ich würde das
auch gerne so können; es
gibt kaum etwas, das eben
so friedlich ausschaut, wie
das Eiskunstlaufprogramm
–
es sind 4 Jahre seit dem Krieg
–
die Teddybären rieseln aus
dem Publikum. Niemand
sieht die Stürze, die blauen
Flecken, den peitschenden
Blick der Trainerin. Neidisch
bewundert sie noch immer
ihre vergangene Jugend in
der Kraft einer jungen Frau
…
das Sportprogramm zeigt
ihr Weinen für den Erfolg;
heute erst begreife ich
wie viel Druck von jungen
Menschen abfallen muss
wenn man nächtelang
wach liegt oder träumt
dass sich der Schlittschuh
verkantet; einfach so –
an der wichtigsten Stelle
der Kür. Dabei ist doch
die Arbeit nicht menschlich
wenn sie fehlerfrei bleibt
immer, im Training arbeiten
sie seit ihren Kindertagen an
der Illusion, dass der Mensch
ganz frei von Zwang
und Gewalt
zu einem Wunder
mutiert
–
wie oft weinen Kinder
im Kapitalismus
vs.
im Sozialismus
vs.
in der besten aller Welten
…
Der Vergleich hinkt, seit er 7 ist.
Er fühlt sich entmenschlicht und klagt
vor welchem Gerichtshof?
Ich bezweifle so oft
dass das Private noch
Freiheit bedeutet; dort
wo Menschen soziale
Netzwerke bedienen
herrschen längst andere
Interessen, beherrschen
das Spiel um die Lust auf
das Neue, die Anerkennung
für die Show ihrer Kinder
sie arbeiten, ihre Frauen und
auch ihre Männer…
Wessen Investment fürchtet
sich gerade vor der Wahrheit
oder vor der Konkurrenz?
–
ich bin schutzlos ausgeliefert
Kommentare überschlagen
sich und irgendwo in einem
Nachrichtenmagazin schreibt
man von „Übriggebliebenen“
Menschen in Datingportalen
ein anderes Wort für Rest
wäre Abfall, wer holt sie ab
bevor der Gestank unsere
Träume belastet.
Bei einem Spaziergang sagt ein
Funktionär: „Wir sieben schon lange nicht mehr…“
Eigentlich meint er wohl „selektieren“, seine
Mutter war vermutlich bei der SS (oder sein Vater).
Wann verlässt man
mit welcher Bildung
die ethischen Grenzen und
wann verliert man seine
persönliche Integrität; warum lassen sich
Menschen von Bots zu Bots pervertieren; Männer
Frauen, Kinder, alle socialmediaprofile sind
stumm, leer und überflüssig oder einfach
laut; der Hass ist nicht gefährlich, sondern
menschenfeindlich, würdelos; krieg(s)
-verbrechen
warum sehnt man sich nach einer welt ohne männer
wenn man eigentlich männliche herrschaft meint und
warum wollen frauen und männer ihren reichtum auf
zwang und unterdrückung begründen, heute wieder
lieber die hälfte der menschheit ausrotten, mich wird
es schon nicht treffen und wenn die anderen einfach
zu schwach sind… ohne worte
dort wo niemand mehr bemerkt, was er oder
sie sprechen und zu wem, dort beginnt ihr
Nie Wieder zur giftigen Parole einer dementen
Gegenwartsideologie zu werden, die nichts
feiert – außer den Konsum und das Amt, das
mich zum besseren Menschen macht, weil
ich mir einen U*er-Fahrer leisten kann.
Ich gebe immerhin 5 Euro Trinkgeld;
eigentlich will ich ihn besitzen –
mein Leben ist eine Lüge, aber ich
kann mich von den Fesseln nicht
befreien, weil sie mich tragen.
Und: Ich habe Angst vor
der Veränderung, weil sie
meinen Untergang bedeuten
könnte. Ich bin auch nur ein
Mensch. Kannst du das verstehen?
Ich weiß nicht, für wen sie läuft…
…aber ich hoffe, dass sie noch immer
von der Freiheit träumt, wenn ich sie
im Bus treffe und zur Eishalle fahre
um dort zu arbeiten.
Inoffizielle Mitmachgelegenheit:
Nach der Arbeit spielen wir noch
eine Runde Curling, aber die Chefin
weiß von nix. Eigentlich sind wir
schlafende Rebellen, zukünftig
demokratische Revolutionäre.
Friede den Hütten, Freiheit den Menschen!