Zwischenstation Philadelphia

Ich habe Philadelphia
schnell ins Herz
geschlossen, das
liegt vor allem an
den Menschen, die
einem überall auf
den Straßen
begenen und
die zeigen
dass es
heißen sollte
all lifes matter
ich habe noch
nie verstanden
was People of
Color eigentlich
meint, dachte
weiß ist keine
Farbe, bis
heute war ich
also Rassist
hier ist klar
dass man
dazugehört
wenn man
möchte.

Ich werde diese
Stadt morgen
planmäßig mit
dem Bus verlassen
und dann vermutlich
lange nicht wieder
-sehen, aber doch
irgendwann
ganz bestimmt
bestimmt wieder
im Herbst
heute zog das
erste Mal starker
Wind durch die
Straßen, es gab
etwas Regen
hinter der Brücke
läuft ein Footballspiel
die Jugend, die
Eltern und das Viertel
schauen zu
es ist sowieso klar
in Amerika baut man
Sportplätze immer
mit einer Tribühne
außer die Tennisplätze
in der Innenstadt
möglicherweise
ist das eine versteckte
Elitenkritik, Einzelsport
der Herren in White

eine Katze liegt
im Fenster, Halloween
und Thanksgiving
sind groß
überall ist Deko
an den Häusern
Mutter und Sohn
schmücken das
Fenster
die Nachbarn
schauen zu

ich bin ein
letztes Mal
im Ultimo an
der 15th Street
die mir die Liebste
geworden ist
dann noch
Bagel von gestern
im South Philly
Food Co-op
nähe Snyder Station
nein I am not a
member (yet)

ein bisschen
Wehmut ist
dabei
ich stelle
inzwischen drei
Dinge fest
(a) Wer glaubt, dass Menschen einfach so von irgendwo flüchten, also aus Spaß, der hat kein Herz. Außerdem fällt es mir wirklich schwer, den Travel Imperialismus der westlichen Welt anderen Menschen zu verbieten. Schwer fällt mir aber auch die Vorstellung, was mit der Welt passiert, wenn Staaten wie China, Indien oder Brasilien und Südafrika das Recht auf freie Reise für breite Teile ihrer Bevölkerung in Anspruch nehmen und verwirklichen. Wenn alle so leben, wie ‚der Westen‘, dann wird das eine riesige Bewegung auf der Welt geben. Ich bin gespannt, aber ich habe auch etwas Angst davor, das gebe ich zu.
(b) Wenn man möchte, dass Menschen ein friedliches Miteinander organisieren, dann muss man ihnen mit offenen Armen begegnen und sie radikal integrieren. Das kann nicht einfach über Assimilation passieren, aber auch nicht vollkommen ohne. Der Kompromiss ist vermutlich die Lösung. Es ist eine riesige Chance, wenn man sich füreinander und miteinander öffnet. Gleichzeitig habe ich mir gestern die Frage gestellt, ob die europäische Eitelkeit in Sachen Migration daher rührt, dass man auf einmal nicht mehr die expansive Kraft ist. Stattdessen kommen andere Menschen und Mächte in das eigene Land und man muss sich behaupten. Aber kommen die Menschen wirklich als Eroberer? Ich kann diese Frage nicht beantworten, aber ich finde Migration gut.
(c) Diesen letzten Punkt habe ich tatsächlich schon wieder vergessen. Wird schon werden, Optimismus und Positivität ist immer gut, wenn einem sonst nichts einfällt. Die Zukunft wird toll!