Zugfahrt von Washington in Richtung Boston

Es ist ein besonderer Abschied
die Öffis scheinen nicht so wahnsinnig safe zu sein
oder, ich weiß es auch nicht, …
nachdem mir mehrfach das Uber ans Herz
gelegt wurde, bin ich Bus gefahren
gerne.

Heute ist im Bus mal wieder einer
dieser Menschen, die sich in Selbstgesprächen
verlieren, aber endlos, also sie hören auch
nicht wieder auf.

Der Mann heute ist – ich weiß auch nicht
die Busfahrerin hat ihm irgendwas gesagt
und die Maßregelung passt ihm nicht, das
sei, so sagt er dann, immer so, wenn man
Frauen an die Macht oder ans Steuer lasse;
zumindest habe ich das so verstanden.

Keine Ahnung, irgendwie ist die Sache
fast peinlich für das Menschengeschlecht
aber selbst hier wohnt noch Empathie unter
meiner Haut und in meinem Geist, ich
versuche zu verstehen (Arendt).

Am Bahnhof esse ich einen Salad-Bowl
drängle mich kurz in die Schlange, wieder
zurück, weil ich das Bestellprinzip hier
nicht verstanden habe

man ist gnädig mit mir und anders
als am Taco-Imbiss gestern
muss ich hier nicht zehn Sachen
entscheiden, was mich entlastet
obwohl ich eigentlich verstehe
aber nicht in der Geschwindigkeit.

Insgesamt sind die Abläufe und
die Taktung hier hoch, was wiederum
seltsam ist, weil die Distanzen einen
zu Ruhe und Gelassenheit zwingen.

Vermutlich muss man dort, wo
Wege eine größere Rolle spielen
als in Köln-Kalk, die Gunst der Stunde
nutzen und arbeiten, arbeiten, arbeiten
wenn man schon mal da ist.

Nie vorher ist mir die ‚deutsche Arbeitswelt‘
gelassener erschienen als heute und ich bin
wirklich überrascht von mir, dass ich das mal
so sage.

Am Nebentisch erzählen zwei Frauen von
ihrer Arbeit im Congress oder in einem Büro
ich weiß es nicht, irgendwie sieht hier alles
gleich aus, außer wenn man arm ist.

Selbst die Armen und die Arbeiter gleichen
sich auf eine gewisse Art und Weise, das merke
ich am Abend, als sich zwei Menschen aus einem
Viertel auf dem Heimweg im Bus treffen
sie sehen müde aus
und
sie sehen so aus
als seien sie glücklich
sich zu kennen
dann
schauen sie ca. 15 Minuten auf ihre Smartphones
und reden kein Wort.

Heute erzählt der Mann im Bus
etwas in seinen Device und er spricht
ich weiß nicht, zu wem, aber er erinnert
mich sofort an einen Mann, den ich gestern
am Kapitol bemerkt habe; sie
machen ihr Ding.

Jetzt gerade werde ich als
armer Mann gelesen oder als
Verbrecher, ich weiß es nicht
vermutlich beides, vielleicht ist
die Businessfrau(-mensch)
auch einfach mit allem überfordert
ich weiß es nicht und lustig
ich gleiche mich an den Mann
im Bus an, denn ich beginne
etwas in den Laptop zu prügeln

I got a situation here, folks
also ich sitze im Zug, am Gang
es läuft alles ganz gut und
dann ist da wieder dieses harte
andere Amerika, das ich nur aus
Filmen kenne

Neben mir will also ein Mensch
den Koffer in das Gepäckfach über
den Sitzen heben, aber irgendwie
geht der Person das nicht leicht
von der Hand.

Ich bin so erzogen, dass man mal
Hilfe anbietet, ja, besonders Frauen
ich kann gar nichts dafür, ich finde das
in gewisser Weise, aus feministischer
Sicht sogar doof – jetzt erinnere ich
mich an eine Situation im Lehrerzimmer
da hieß es, man müsse mal einen Schrank
von Büro zu Büro tragen, dafür seien
die Männer zuständig
ich fühlte mich nicht zu der Aufgabe
berufen, wusste aber auch nichts
zu entgegnen
die Männer leisten ohnehin zu wenig.

Nun denn, ich bin nicht verbittert
in dieser Angelegenheit, sondern
übe Gelassenheit und Neutralität
die Frau oder der Mensch heute
fühlt sich von meinem Angebot
dass
ich mit dem Koffer helfen könnte
ganz offensichtlich überfordert
sie unterstellt mir, ich wolle es
grabben und wegrennen, och nö
dann steigert sich der Monolog
gegen das Angebt, je älter sie
werde, desto höher könne sie
die Dinge heben – ja, Amerika!

Ich weiß nicht, was jetzt
so tragisch an dem Angebot
war, vielleicht hat man mir
einfach angesehen, dass
ich einen Mann nicht
gefragt hätte.

Das nächste Mal
frage ich vielleicht
mal so, was die
Reaktion dann sein wird

We’ll see
We’re having a situation